zum Roman Fremde Leute

STUTTGARTER ZEITUNG: … ist dieses Buch ist auf keiner Seite ein Allerweltsroman, der von schmerzlich-erheiternden Erinnerungen an längst vergangene Zeiten erzählt. Breitenbachs großes sprachliches Vermögen besteht darin, die normal-schreckliche und betörend schöne Szenerie der Kindheit so auszumalen, wie sie wirklich war, nämlich einzigartig, unverwechselbar und für dieses ganz spezielle Kind schwer zu überstehen … Die Autorin schildert mit ausgereifter Sprachgeduld, was das kindliche Augenmerk schon immer wusste und sah, und indem sie alles sagt, ohne zu richten und zu hadern, gewinnt ihr Roman die ganze Wirklichkeit. Und die zu lesen lohnt sich. (Tanja Jeschke)

… lässt dieser kleine, poetische und unsentimentale Roman auch für Spät(er)geborene die Gefühle eines Kindes nachempfinden, das im gar nicht konfliktfreien Spannungsfeld von Vater und Mutter, von Gesellschaft und Familie die Welt erfahren und bewältigen muß. (Hans-Joachim Graubner)

ESSLINGER ZEITUNG: Breitenbach, eine „Autorin von hoher Authentizität, sprachlicher Klarheit und detailreicher Beobachtungsgabe … Die „kunstvolle Sinnlichkeit“ ihrer Prosa läßt den „mildsüßen Pfirsichduft der eigenen Kindheit riechen“. In ihrem Roman Fremde Leute „schildert ihre kindliche Ich-Erzählerin in Sätzen voller samtpfötiger Satire Familiengeschichten aus einem Leben, das nie stattgefunden hat. Unspektakulär, kleinbürgerlich und so sinnlich, daß man dort am liebsten ein bißchen wohnen bleiben möchte“. (Petra Bail)

Ohne Pathos, ohne Larmoyanz begibt sich die Autorin in ihrem Roman auf die Suche nach dem verlorenen Kind, dem eigentlichen Thema der „fremden Leute“. Lapidar, voll verknappter Poesie, mitunter fast wortlos, und gerade darin höchst bered, durch-schreitet Anna Breitenbach mal märchenhaft, mal skurril anmutende Zeiträume einer Kindheit … mit jedem der gleichsam impressionistisch hingetupften Worte gewinnt die Erzählung an Farbe und Dynamik, füllen sich die Wohnungen des Lebens mit Personal und Mobiliar…
Denn wer sich mit der Esslinger Autorin auf Spurensuche in die eigene Kindheit der 60er Jahre macht, den beschleicht auf Schritt und Tritt das unheimliche Gefühl, den einen oder anderen Ort schon einmal gesehen, ja bewohnt zu haben. Die Breitenbachschen Räume evozieren durchgängig bittersüße Kindheitsträume …
Mit schnörkellosem Realismus inszeniert Anna Breitenbach Episoden ihrer Kindheit in transparenten Bühnenräumen zwischen Traum und Wirklichkeit, wobei die einzelnen Szenen durch eingeschobene Sequenzen erläutert und zugleich verknüpft werden …
Wie sich hier unter dem Staub der Jahre und der Jahrzehnte inmitten schönster Biedermeieridylle klaffende Wunden der Verständnislosigkeit und der Aggression ganzer Generationen auftun, wie das Kind in friedlichen Nachkriegsjahren ein Raub eines gnadenlosen elterlichen Krieges wird, das erfährt der Leser in diesem Roman stets eher beiläufig. Das Beiwerk schafft hier auf faszinierende Weise mitunter das Hauptwerk. In Nebensätzen, ganz nach Kinderart, weht einen die ganze Trostlosigkeit einer entzauberten, in ihrem schnöden Mechanismus bloßgelegte Kleinbürgerwelt kalt an. Mitunter freilich auch deren ganze Komik. Denn nichts ist bedrückender, nichts aber auch witziger als die Wahrheit. Besonders wenn sie sich wie hier immer wieder nackt unter die „fremden Leute“ mischt. (Thomas Krazeisen)

REUTLINGER NACHRICHTEN: Der in Szene gesetzte, unbelastete Kinderblick erlaubt Einsichten, die auch von der Nähe des Schönen zum Schrecken künden. Von präziser Beobachtung geprägt, entsteht ein doppelbödiges Weltbild, das die Erwachsenen in ein fragwürdiges Bild rückt: Die Anstößigkeit des unscheinbar Alltäglichen. Die … Autorin Anna Breitenbach ruft in ihrem Roman eine Kinderwelt zwischen Verwunderung und Befremden wach. (Roland Ludwig)

HUGENDUBEL INTERNETBUCHHANDLUNG: Mit einem Doppelpunkt eröffnet sie immer wieder den Raum für ein Geschehen, das erst spielerisch harmlos ist, sich vielleicht zu einer für den Leser beinahe bedrohlichen Situation entwickelt, um diese Situation häufig ganz gegen die Erwartung aufzulösen … ein immer vorhandener, erotisch-sinnlicher Ton, der nie derb ist, konkret wird, aber etwas leicht schwebendes, unbestimmtes erzeugt, Möglichkeiten andeutet … (Der Leser)

BECHTLE VERLAG Literarische Spuren in Esslingen: In irri­tieren­der Positivität zeichnet dieser Roman den Auf­bau einer Kindheitswelt nach, parallel zum bundes­republikanischen Wiederaufbau, parallel aber auch zu dem hintergründigen Zerfallen der familiären Ordnung.
Ein gebrochener Glanz spielt auf der Ober­fläche, die das Kind über dem kriegs- und lebensversehrten Innenleben seiner Eltern ausbreitet. Knappe, ja knappste Sätze ordnen das emotio­nale Chaos zwischen Vater, Mutter, Kind in demonstrativer Allgemein­heit. Dem Hinfälligen und Unbestimmten widersetzt sich infantile Vollmacht der Benennung. Das erste Auto, »es war: der Käfer«, der erste Kühlschrank: »Eisikünk«, das Kind, »ich war: das Kind«. Augen­blicke des Glücks siedelt Breitenbach in Szenen an, die, im nüchternen Licht von Psychologie und Zeitgeschichte betrachtet, wenig Einneh­mendes besitzen. In bewusst stereotyp und formelhaft gehaltenen Wendungen inszeniert sie ein ketzerisches Hochamt der Kindheit, das der Banalität der Verhältnisse mit den immer wiederkehrenden Wor­ten »es war wunderbar« Absolution erteilt. Traurige Exerzitien einer kleinbürgerlichen Weltabschließung wandeln sich in Rituale der Ge­borgenheit. Dass sie funktionieren, was könnte das besser bezeugen als der fremdartige Zauber, der über dem Ganzen liegt, ein Zauber, gegen den die Mutmaßung einer satirischen Absicht wenig, nichts aber der Vorwurf nostalgischer Verklärung vermag. (Stefan Kister)

bol.de Faszinierende Kindheitsgeschichte. Habe mit wachsender Begeisterung gelesen, wie sorgsam und genau die Autorin eine schwere, fatale Kindheit beschreibt, ohne in Larmoyanz zu verfallen oder gar in Hass. Ein wunderbares Beispiel, wie die poetische Kraft zur Wahrheit einer Erfahrung vordringen kann. (Leser-Rezension)

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